Die Unterstützung von Migrant*Innen und Geflüchteten bei ihrer Integration in den Aufnahmeländern und -gesellschaften stellt ganz Europa vor große Herausforderungen. So ist auch die Teilnahme dieser Gruppen an Weiterbildung häufig geringer als dies unter den Vertreter*Innen der angestammten Bevölkerungen der Fall ist. Im Zuge unserer Recherchen stießen wir auf mehrere außergewöhnliche Ansätze und Projekte, mit denen Menschen mit Migrationshintergrund besser unterstützt werden können.
ÖSTERREICH
Quali-Fair richtet sich an Menschen mit nicht deutscher Erstsprache, die in Österreich leben und sich einen Zugang zu mittleren und höheren Aus- und Weiterbildungsangeboten wünschen, jedoch mit diversen Barrieren (Informationsdefiziten, sprachliche Hürden, scheinbar nicht schaffbaren Aufnahmeprüfungen etc.) konfrontiert sind. Im Rahmen von Quali-Fair können Personen aus der Zielgruppe zusammen mit speziell geschulten Bildungsbegleiter*Innen in einem intensiven Coachingprozess ihre Kompetenzen und Bildungsziele erarbeiten. Gemeinsam wird ein detaillierter Bildungsplan zur schrittweisen Erreichung des Bildungsziels erstellt und die Rahmenbedingungen zur Umsetzung des Bildungsplans abgeklärt bzw. geschaffen. Bei der Umsetzung des Bildungsplans werden die Teilnehmer*Innen intensiv von den Bildungsbegleiter*Innen und dem Open Learning Center unterstützt und begleitet.
Ziel von Quali-Fair ist es, die Teilnehmer*Innen ganz gezielt in Schulungsangebote zu vermitteln, die ihren Kompetenzen, Fähigkeiten und Interessen entsprechen. Dabei kommt das eigens entwickelte Instrument der „Quali-Fair Kompetenzenbeschreibung“ zum Einsatz, das ganzheitlich die Kompetenzen jedes Einzelnen abbildet und damit die Grundlage für die optimale Aus- oder Weiterbildung beschreibt. Wesentlich dabei ist, dass alle formell und informell erworbenen Fertigkeiten und Kompetenzen, sowie die Wünsche, Vorstellungen und Ziele der Lernenden Berücksichtigung finden. Nach getroffener Weiterbildungsentscheidung werden die Teilnehmer*Innen nicht allein gelassen, sondern intensiv unterstützt und begleitet. Den Rahmen hierfür bildet das Open Learning Center (OLC). Das OLC bietet einen niederschwelligen Zugang zu PC-Arbeitsplätzen, diversen Lernmaterialien und E-Learning-Angeboten sowie die Möglichkeit einer aktiven Auseinandersetzung mit bestehenden Kurs- und Ausbildungsangeboten. Die Inhalte der Tutorien zur Wissensvermittlung und die Lernmaterialien werden individuell an die Bedürfnisse der Teilnehmer* Innen angepasst.
Quali-Fair ist durch seinen breiten Ansatz als Gesamtbildungsprojekt einzigartig. Es unterstützt die Teilnehmer*Innen vom Bildungswunsch bis zum erfolgreichen Abschluss in allen Belangen ihrer Weiterbildung. Das Projekt ist flexibel und orientiert sich direkt an den Bedürfnissen der Zielgruppe. Durch die intensive Auseinandersetzung der Lernenden mit den eigenen Kompetenzen und Zielen werden Bildungsbarrieren abgebaut und Ressourcen zur Bildungspartizipation zugänglich gemacht. Durch den freien und offenen Zugang zum Open Learning Center und die sehr individuell gestaltbare Form der Nutzung, können auch jene Personengruppen Zugang zu Bildung finden, welche die üblichen Angebote nicht wahrnehmen können, da sie etwa nur über unterschiedliche und begrenzte Zeitressourcen verfügen, sich diverse Kurse nicht leisten können oder ihre Wohnsituation den Wissenserwerb erheblich behindert, da Platz und Ruhe zum Lernen nicht gegeben sind.
Das Projekt Quali-Fair wurde vom BFI Tirol zusammen mit Diakonie Flüchtlingsdienst Wien, Caritas der Diözese Graz-Seckau, innovia - Service und Beratung zur Chancengleichheit umgesetzt und aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Frauen und dem Europäischen Sozialfonds gefördert.
SCHWEDEN
Schweden ist, ähnlich wie die Niederlande, bekannt für seine vielen mit gesellschaftlichen Themen befassten Verbände und Gesellschaften. Die öffentliche Verwaltung Schwedens auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene nutzt solche Verbände als Diskussionspartner*Innen, wenn es beispielsweise um die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Veränderungen geht. So lautet das offizielle Ziel im Umgang mit neu angekommenen Gruppen von Migrant*Innen in Schweden, diese bei der Gründung eigener, auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene organisierter Verbände zu unterstützen.
2013 wurde vom regionalen Verband gegen Diskriminierung in Östergötland ein Lernzirkel für Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen gegründet. Ziel war es, diese Frauen zur Teilnahme an der Welt der Verbände in Schweden zu motivieren, um ihnen so den Zugang zur schwedischen Gesellschaft zu erleichtern und zu mehr Einfluss und Mitspracherecht zu verhelfen. Aufgrund von Untersuchungen, die ergeben hatten, dass es sich bei denjenigen, die sich in neu gegründeten Interessenverbänden für Migrant*Innen engagieren, hauptsächlich um Männer handelt, sah sich der Verband gegen Diskriminierung in Östergötland veranlasst, diesem Ungleichgewicht bei der Geschlechterverteilung entgegenzuwirken und ein Angebot für Frauen ins Leben zu rufen.
Für die ein Jahr währende Zusammenarbeit der Gruppe wurde die Methode des Lernzirkels gewählt, weil hier die Mitarbeit aller von entscheidender Bedeutung ist. Diese Methode ist innerhalb des Schwedischen Systems der informellen Erwachsenenbildung sehr beliebt und folgt acht Grundprinzipien:
1. Prinzip der Gleichstellung und Demokratie:
Der Arbeit liegt die Gleichgestelltheit aller
Mitglieder des Lernzirkels zugrunde.
2. Prinzip der Freisetzung und Nutzung von
Potenzial: Die Arbeit im Lernzirkel soll auf den
Erfahrungen und Vorkenntnissen der Teilnehmenden
aufbauen und vorhandenes Potenzial
und Ressourcen freisetzen.
3. Prinzip der Zusammenarbeit und Kollegialität:
gemeinsames Hinarbeiten auf gemeinsame
und gemeinsam beschlossene Ziele; gegenseitige
Unterstützung anstelle von Wettbewerb.
4. Prinzip der Freiheit: Die Ziele des Lernzirkels
richten sich nach den jeweiligen Bedürfnissen
und Wünschen der Teilnehmenden.
5. Prinzip der Kontinuität und des Planens: Die
Aktivitäten im Lernzirkel sollen Interesse am
Weiterlernen erzeugen und aufrechterhalten.
Die Teilnehmenden erstellen Lernpläne, in
denen beispielsweise festgelegt ist, wie oft der
Lernzirkel stattfindet usw.
6. Prinzip der aktiven Beteiligung: Alle Mitglieder
des Lernzirkels verpflichten sich zur aktiven
Teilnahme.
7. Prinzip der Erstellung eigener Lernmaterialien:
Viele Lernzirkel erstellen ihre eigenen Lernmaterialien.
8. Prinzip des Handelns und Herbeiführens von
Veränderungen: Die Mitglieder lernen nicht
nur um ihrer selbst willen, sondern bemühen
sich auch darum, zu handeln und Veränderungen
herbeizuführen. Für die Teilnehmenden
kann dies bereichernd wirken und zur Verbesserung
des eigenen Umfeldes führen.
20 Frauen nahmen ein Jahr lang am Lernzirkel teil. Während dieser Zeit beschäftigten sie sich mit Menschenrechten, Möglichkeiten im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus, Methoden zur Aufdeckung verbandsinternen Mobbings, der Funktionsweise und den Verantwortlichkeiten der Verbandsvorstandschaften, der Beantragung finanzieller Mittel sowie Rhetorik und Präsentationstechniken. Außerdem verfasste die Gruppe ein Buch mit Anregungen für Frauen mit Migrationshintergrund, die sich in der Welt der Verbände zurechtfinden wollen, das auch zukünftige Lernzirkel verwenden können.
Der Lernzirkel lief im November 2014 aus. Sieben der zwanzig Teilnehmerinnen gründeten verschiedene Frauenverbände, die restlichen fühlten sich befähigt, bei Verbänden unterschiedliche Vorstandsaufgaben zu übernehmen. Das Projekt stellte sich somit als effektive und innovative Methode zur Stärkung des Einflusses von Frauen mit Migrationshintergrund in der schwedischen Gesellschaft heraus.
SYSTEM ZUM SCHUTZ ASYLSUCHENDER, ITALIEN
Das in Italien im Paragraph 189/2002 verankerte System zum Schutz von Asylbewerbern (SPRAR) ist ein vom nationalen Fonds für Asylpolitik und dem Innenministerium unterstellten Diensten finanziertes Netzwerk der italienischen Lokalverwaltungen (Gemeinden und Provinzen), das Projekte für Asylsuchende und Flüchtlinge durchführt. SPRAR wird vom Servizio Centrale (Zentraldienst) koordiniert, der im Rahmen des Projekts mit der Erteilung von Auskünften, Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und technischer Unterstützung für die Lokalverwaltungen sowie der Überwachung der Projektaktivitäten zugunsten von Asylsuchenden und Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz in Italien betraut ist.
Die Zielgruppe besteht aus Asylsuchenden und Geflüchteten, die auf der Suche nach Schutz über den See- oder Landweg nach Italien gekommen sind und sich häufig in sehr schlechtem gesundheitlichem Zustand oder gar in Lebensgefahr befinden. Entsprechende Komitees untersuchen die Anträge auf Asyl, in denen die Schutzsuchenden die Gründe für ihre Flucht darlegen müssen. Diejenigen, deren Anträge positiv bewertet werden, erhalten Flüchtlingsstatus oder die Anerkennung ihres Anspruchs auf internationalen Schutz.
Sowohl an der Südküste als auch an seinen Landgrenzen im Nordosten sieht sich Italien aufgrund der ständig neu ankommenden Asylsuchenden immer größerem Druck ausgesetzt. Bei den Ankömmlingen handelt es sich um Männer, Frauen und Kinder, die vor Verfolgung, Kriegen und Menschenrechtsverletzungen in ihren Ländern fliehen mussten. Sie waren gezwungen ihr Zuhause, Arbeit, Freunde, Familie und Angehörige – ihre gesamte Lebensnormalität – hinter sich zu lassen. Viele von ihnen werden diejenigen, die ihnen nahestanden, nie mehr wieder sehen. Auch waren viele von ihnen in ihren Heimatländern extremer Gewalt und Folter ausgesetzt und haben die schlimme Erfahrung gemacht, Schiffbruch erleiden zu müssen. Um in Europa Schutz zu suchen, haben sie meist einen weiten Weg zurückgelegt. Unter unmenschlichen Bedingungen durchquerten sie Kontinente, Staaten, Wüsten und Meere und riskierten dabei, alles zu verlieren – sogar das eigene Leben.
Die Aufgabe des Systems zum Schutz von Asylbewerbern (SPRAR) ist es, die integrierte Aufnahme von Asylsuchenden und Geflüchteten zu gewährleisten. Aus diesem Grund wurde 2001, ausgehend von den Erfahrungen, die mit dem zwischen 1999 und 2000 von Gemeinden, Verbänden und NGOs aufgebauten dezentralisierten Aufnahmenetzwerk gemacht wurden, von der Abteilung für bürgerliche Freiheiten und Immigration, dem Nationalverband der italienischen Gemeinden (ANCI) und dem Hohen Kommissar für Flüchtlingsfragen der UN (UNHCR) eine Absichtserklärung zur Schaffung eines landesweiten Programms für Asyl (PNA) unterzeichnet. Somit war in Italien die erste Testversion eines landesweiten öffentlichen Systems geschaffen worden, das die Aufnahme von Asylsuchenden und Geflüchteten unter Einbeziehung der nationalen und lokalen Institutionen und einer entsprechenden Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Innenministerium und den Lokalverwaltungen gewährleistete. Im Folgenden wurden die vorgesehenen Maßnahmen zur organisierten Aufnahme von Geflüchteten und Asylsuchenden durch die Verabschiedung des Paragraphen 189/2002 ratifiziert und somit der Weg für SPRAR geebnet.
Der Kontakt zur Zielgruppe entsteht durch die Registrierung der Asylsuchenden und Flüchtlinge auf dem Landesgebiet und das Stellen eines Antrags auf die Aufnahme in eines der vom Aufnahmenetzwerk durchgeführten Projekte. Hierbei meldebefugt sind:
➜ Im SPRAR-Netzwerk integrierte Lokalverwaltungen
➜ Projektleitungen (Verbände und soziale
Kooperativen) lokaler SPRAR-Projekte
➜ Schutzagenturen
➜ Soziale Kooperativen, religiöse Einrichtungen,
lokale und landesweite Verbände
➜ Präfekturen (für die ein spezieller Ablauf gilt);
➜ Melde- u. Aufnahmezentren für Asylsuchende
➜ Polizeiwachen.
Den Aufnahmezentren des SPRAR-Systems kommt die Rolle privilegierter Beobachter*Innen der Geschehnisse im Land zu. Die Methode, auf die hier Bezug genommen werden kann, ist das Festlegen von Meldemustern, die von ihm als Wohlfahrtsorganisation verwendet werden können. In Zusammenarbeit mit dem dritten Sektor führen die Regional- und Lokalverwaltungen Maßnahmen zur integrierten Aufnahme der Asylsuchenden durch, die weit über die Verteilung von Nahrungsmitteln und Unterkünften hinausgehen und bei denen es zusätzlich um die Planung der weiteren sozioökonomischen Entwicklung der Neuankömmlinge einschließlich der von ihnen benötigten Informationen, Fördermaßnahmen, Beratung und Unterstützung geht.
Die Migrant*Innen kommen häufig traumatisiert und mit ihren persönlichen Leidensgeschichten im Gepäck im Aufnahmeland an und erleiden dort zudem noch einen Kulturschock. Die Betreuung, mit der die Neuankömmlinge zur Eigenständigkeit geführt werden sollen, umfasst eine ganze Reihe an Dienstleistungen, die von der Verteilung der Willkommenspakete (Erfrischungen und sichere Bleibe) bis hin zur Hilfe bei der Orientierung und dem Zugang zu lokalen Dienstleistungen, italienischem Sprachunterricht, beruflicher Bildung und Weiterbildung, Beratung und Betreuung auf der Suche nach Beschäftigung, Unterkunft, gesellschaftlichem und rechtlichem Schutz und psychosozialer Gesundheit reicht. Ein weiterer Aspekt bei der Aufnahme von Asylsuchenden und Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz und, ganz allgemein, im Bereich sozialer Dienstleistungen ist der Bezug zum Konzept der Befähigung zur Selbsthilfe. Letztere wird als individueller und organisierter Prozess verstanden, mittels dessen Menschen die Fähigkeit zurückerlangen, Entscheidungen zu treffen, das eigene Leben zu gestalten und den eigenen Wert, das eigene Potenzial und die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wieder zu erkennen.
Besonders ist das System aufgrund des innovativen Ansatzes, den es verfolgt. Die Innovation besteht hierbei darin, dass mithilfe eines Datensystem auf das mit dem italienischen Recht auf Asyl einhergehende Phänomen der Migration eingegangen werden kann und dass hierzu auf ministerlichen Beschluss hin legitimierte Richtlinien und Qualitätsstandards aufgestellt wurden: Vor dem Hintergrund der Erfahrungen, die mit dem eingangs vorhandenen positiv bewerteten Stückwerk auf diesem Gebiet gemacht wurden, beschloss die Regierung, sich in verantwortlicherer Manier mit dem Phänomen auseinander zu setzen, und schuf 2002 durch die Verabschiedung des Bossi-Fini-Gesetzes ein organischeres und strukturierteres Aufnahmenetzwerk sowie dezentralisierte, vom Nationalen Asylfonds finanzierte Aufnahmezentren, die mit den öffentlichen Verwaltungen in Kontakt stehen und auf die jeweiligen lokalen Gegebenheiten abgestimmt sind. Die Hauptmerkmale dieses Systems sind:
1. Mehrstufige Verwaltung, die nationale Ebene
(Innenministerium/Zentraldienst), Lokalverwaltungen
(Gemeinden/ Gemeinde- und Provinzverbände)
und Organisationen des dritten
Sektors unter sich aufteilen.
2. Dezentrale und nachhaltige Verwaltung, da die
Aufnahmezentren sich inmitten der Gemeinden
befinden.
3. Darauf ausgerichtet, das nationale Netzwerk
zu stärken und bei den regionalen Wohlfahrtsdiensten
Gleichstellung, den Zugang zu Rechten/
Dienstleistungen und interkulturelles gesellschaftliches
Zusammenleben zu fördern.
ERFOLGREICHE UND ZIELGRUPPENORIENTIERTE ARBEIT MIT UND FÜR MIGRANT*INNEN, ÖSTERREICH
Melete hat sich zum Ziel gesetzt, Barrieren der Bildungsteilnahme für bildungsferne Menschen mit Migrationshintergrund zu identifizieren und Wege zu finden bzw. zu erproben, wie Hürden und Benachteiligungen für die Zielgruppe abgebaut werden können. Das Projekt bietet anhand von unterschiedlichsten Ansätzen und Methoden (Partizipation, Mentoring, Peer-to- Peer-Ansätze, etc.) einen niederschwelligen Einstieg in die Erwachsenenbildung und ins alltägliche Lernen.
Bei Melete werden migrantische Männer und Frauen, die schon länger in Österreich leben, zu „Bildungslotsen*Innen“ ausgebildet. Referent* Innen aus Salzburger Bildungs- und Beratungseinrichtungen vermittelten alles rund um (Weiter)Bildung. Die ausgebildeten Lots*Innen leisten in ihren jeweiligen Communitys wertvolle Informations- und Motivationsarbeit. So werden u.a. potentielle Teilnehmer*Innen über die kostenlosen Angebote von Melete informiert. Diese reichen von niederschwelligsten Einstiegsangeboten wie gemeinsames Kochen mit „integriertem Deutschunterricht“ über Elternbildungskurse bis hin zu Bildungsangeboten wie EDV-Grundlagen oder Mathematik für den Alltag. Zudem werden Lernmentor*Innen ausgebildet, die Personen individuell und mit unterschiedlichsten Lernbedarfen begleiten.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Melete ist eine breite Vernetzung und Zusammenarbeit mit Bildungs- und Beratungseinrichtungen, Migrant*Innenvereinen und Interessensvertretungen. Auf diese Weise ist Melete und seine Angebote in verschiedenen Einrichtungen und Veranstaltungen präsent (z.B. kurze Bildungsinputs bei interkulturellen Frühstücken, Angebote in Bewohnerservicestellen, etc.).
Melete nutzt viele unterschiedliche Methoden und Ansätze um möglichst viele Menschen zu erreichen. Es kommen in sämtlichen Angeboten migrantische Trainer*Innen und/oder Co-Trainer* Innen zum Einsatz. Diese können auf individuelle Problemlagen der Zielgruppe eher eingehen und übernehmen eine Vorbildrolle. Zur inhaltlichen Gestaltung der Bildungsangebote wurden mit Bildungslots*Innen, Teilnehmer*Innen aus Basisbildungskursen etc. Partizipationsworkshops durchgeführt. Niederschwelligkeit und Teilnehmer* Innen-Orientierung wird z.B. erreicht indem Kurse kostenlos sind, teilweise vertraute Lernorte gewählt werden, es keine Zugangsvoraussetzungen (z.B. Sprachniveau) gibt oder Inhalte sich an den Lebenswelten der Teilnehmer*Innen (Arbeit mit authentischem Material z.B. Buspläne, Beipackzettel ) orientieren.
Gezielte Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung und die breite Vernetzung mit unterschiedlichen Institutionen und Interessensvertretungen der Zielgruppe hat dazu geführt, dass Melete mittlerweile als regionale Marke wahrgenommen wird, die für eine erfolgreiche und zielgruppenorientierte Arbeit mit und für migrantische Menschen steht.
Das Projekt Melete wurde vom BFI Salzburg zusammen mit Frau & Arbeit gGmbH, der Plattform für Menschenrechte und dem Zentrum für Zukunftsstudien der FH Salzburg umgesetzt und aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Frauen und dem Europäischer Sozialfonds gefördert.
STREETWORKER-PROJEKT FÜR ROMA, TSCHECHISCHE REPUBLIK
Das Projekt TEPROM richtet sich an Arbeitssuchende, die in den sozioökonomisch und kulturell benachteiligten Bezirken der Städte Ostrava, Havirov, Prerov und Projestov leben – hauptsächlich Roma, die seit mehr als fünf Monaten beim Arbeitsamt gemeldet sind und/oder Kinder betreuen, die unter 15 Jahre alt sind. Die Einrichtung, die sich mit der Umsetzung des Projekts befasst, und ihre Partner*Innen (Schlesische Diakonie, Menschen in Not) arbeiten über einen längeren Zeitraum hinweg mit der Zielgruppe zusammen und konzentrieren sich dabei auf die hauptsächlichen Faktoren, die zu deren schlechter Situation und Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt beitragen. Hierzu gehören beispielsweise die Zugehörigkeit zur Ethnie der Roma, das Machen falscher Angaben, Wohnen in einer „schlechten“ Gegend, geringe oder nicht vorhandene Bildung und Qualifikationen, Langzeitarbeitslosigkeit und fehlende Motivation, sich um Arbeitsstellen zu bewerben. Der Kontakt zur Zielgruppe wird auf unterschiedliche Art und Weise hergestellt:
➜ direkt über Sozialarbeiter*Innen/Street-
Worker (vor Ort)
➜ über das Arbeitsamt
➜ durch regionale Zusammenarbeit mit aktiven
NGOs
➜ durch die Zusammenarbeit mit sozialen
Dienstleistungsbehörden der städtischen
Lokalverwaltungen
Die Absolvent*Innen vorangegangener Projekte, die erfolgreich Teilnehmende an deren Wohnorten (in gesellschaftlich ausgegrenzten Wohngegenden) für das Projekt gewonnen haben, werden als Vorbilder dargestellt.
Das Projekt und seine Aktivitäten wurden von den Teilnehmenden fortlaufend in Form von Fragebögen zur Selbsteinschätzung evaluiert. Nach Beendigung des Projekts fand eine Abschlussevaluation hinsichtlich Zielerreichung und Projektergebnissen statt.
Das Projekt wurde über verschiedene Kanäle nach außen getragen, so zum Beispiel über Broschüren und Plakate, die an Non-Profit-Organisationen, Arbeitsämter, Sozialdienste der Gemeindeverwaltungen usw. verschickt wurden. Weitere Informationen über das Projekt und seine Ergebnisse sind auf der Internetseite www.esfcr.cz veröffentlicht.
Das Konzept des Projekts ist, abgesehen von ein paar wenigen regionsspezifischen Besonderheiten, nahtlos auf andere Regionen übertragbar (als Beleg hierfür lässt sich ein nahezu identisches Projekt anführen, das in der Stadt Liberec durchgeführt wurde und im Rahmen dessen ganz ähnliche Ergebnisse erzielt wurden). Auch in anderen Ländern mit ähnlichen soziokulturellen Voraussetzungen (wie zum Beispiel der Slowakei und Polen) kann das Projekt, entsprechend modifiziert und an die speziellen Bedürfnisse angepasst, unserer Meinung nach erfolgreich umgesetzt werden.
Die Teilnehmenden eigneten sich neue Fähigkeiten für die Arbeit im Bereich sozialer Dienstleistungen an und beinahe die Hälfte von ihnen erhielt eine Arbeitsstelle, in denen artverwandte Arbeitserfahrungen und -fähigkeiten gefordert waren.
Die für das Projekt verantwortliche Einrichtung und ihre Partner führen ihre Arbeit mit der Zielgruppe im Rahmen ähnlicher Projekte an anderen Orten Mährens und der Region Olmütz fort.
Im Projekt „Innovative Methoden zur Förderung der Integration in Arbeit“ geht es um gesellschaftliche Ausgrenzung, die in den Europäischen Mitgliedsländern nach wie vor in sehr großem Ausmaß vorhanden ist. Das Angebot des Projekts besteht im Ausbau des Bottom- up-Ansatzes zur Förderung der Fähigkeit und Bereitschaft von benachteiligten Personengruppen, sich vollständig in die Gesellschaft integrieren zu können. Mit dem Projekt wird ein neues Modell für soziale Mobilität eingeführt – neue Lernwege für mehr soziale Mobilität zur Überwindung gesellschaftlicher Ausgrenzung. Das Projekt wurde von acht Organisationen aus der Tschechischen Republik, Deutschland, Litauen, Spanien, den Niederlanden und Großbritannien entwickelt und durchgeführt.
Das Projekt richtet sich an arbeitssuchende Menschen, wobei der Schwerpunkt auf Frauen, älteren Menschen und Migrant*Innen liegt.
Ziel des Projekts ist es, die gesellschaftliche Integration der Zielgruppen voranzutreiben und sie mit den Kenntnissen und Kompetenzen auszustatten, die sie für eine aktive Teilnahme an Gesellschaft und Arbeitsmarkt benötigen.
Das Modell für soziale Mobilität (MSM) besteht aus drei Komponenten:
1. Die Methode des „Gruppen Mentoring“, eine
auf der Arbeit in Gruppen basierte Methode,
mit der die optimale Nutzung der Erfahrungen
der Dozent*Innen sichergestellt werden soll.
Hierzu arbeiten von gesellschaftlicher Ausgrenzung
betroffene Menschen mit ähnlichen
Problemen in Kleingruppen zusammen.
2. Rollenvorbilder: Das Vorbild gesellschaftlicher
Integration als pädagogisches Instrument
zur Stärkung der Zuversicht der Lernenden
nutzen, indem die persönliche Erfahrung von
Menschen, die sich aus ihrer gesellschaftliche
Ausgrenzung befreit und erfolgreich in die
Gesellschaft integriert haben, zum Lerninhalt
gemacht wird.
3. Bereitstellung von Schulungsmaterialien für
Workshops zu den Themen Chancengleichheit
und Antidiskriminierung.
Das Modell für soziale Mobilität lässt sich ohne Schwierigkeiten auf andere Länder übertragen. Im Internet sind verschiedene Projektmaterialien veröffentlicht, z.B. Präsentationen, Videos, E-Arbeitsbücher und Leitfäden. Alle Materialien sind auf Englisch verfügbar, ein Teil davon auch auf Tschechisch, Niederländisch, Deutsch, Litauisch und Spanisch.
Das Ergebnis des Projekts, das im Zuge der Kombination der drei oben genannten methodischen Vorgehensweisen eingeführte „Modell für soziale Mobilität“, ist ein hervorragendes Instrument für im Bereich gesellschaftlicher Integration tätige Einrichtungen, die sozial benachteiligte Menschen dabei unterstützen, sich aus ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung zu befreien.
IQ SERVICE FÜR ROMA, TSCHECHISCHE REPUBLIK
Das seit 2013 existierende Bildungsprogramm Gendalos ist ein fortlaufendes Projekt, das von IQ Roma Servis o.s. in Brünn, Tschechische Republik, geleitetet wird.Gendalos ist ein umfangreiches Programm, in dessen Rahmen junge Roma bei der Verbesserung ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt unterstützt werden. Die Dienstleistungen innerhalb des Projekts sind kostenlos und für alle Vertreter*Innen der Zielgruppe offen zugänglich.
Aufgrund ihrer geringen sozialen und lerntechnischen Fähigkeiten haben Lernende aus der Gruppe der Roma häufig geringere Chancen auf Arbeitsstellen, die eigentlich ihrem Potential entsprechen würden. Durch die Unterstützung im Projekt erhalten die jungen Roma die Chance, ein ihrem Potenzial entsprechendes Bildungsniveau zu erreichen und steigern somit beträchtlich die eigenen Chancen auf Beschäftigung.
Hauptziel von Gendalos ist die Förderung der sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmenden, um diese in die Lage zu versetzen, höhere Bildungsniveaus zu erreichen. Die Zielgruppe im Projekt setzt sich zusammen aus:
1. Schüler*Innen der Sekundarstufe und Hochschulstudierenden
zwischen 15 und 26 Jahren,
die zur ethnischen Gruppe der Roma gehören.
2. Schüler*Innen der achten und neunten Klassen
im Alter zwischen 13 und 14 Jahren. Dies ist eine
wichtige Lebensphase, in der die Entscheidung
über den jeweiligen Typ der weiterführenden
Schule getroffen wird.
Gendalos arbeitet mit den Lehrkräften, Schulpsycholog* Innen usw. aller Schulen oder Hochschulen, mit denen sie in Kontakt stehen, zusammen und bringt das Programm Schulen nahe, die von Roma-Schüler*Innen besucht werden. Diese Schüler*Innen und Studierenden übernehmen im Rahmen von Gendalos eine aktive Rolle und bringen ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse ins Projekt mit ein. Auch Eltern und Freiwillige, die die Zielgruppe bei problematischen Themen unterstützen, werden ins Projekt miteinbezogen.
Der offizielle Beginn des Projekts nach Ablauf einer vorangegangenen Versuchsphase war im September 2013. Seither sind die Schüler*Innen und Studierenden mehr als nur Kund*Innen und wirken an allen Aspekten des Programms mit. Sie nehmen aktiv an Gendalos teil und bringen ihre Interessen und Bedürfnisse mit ein. Kinder der achten und neunten Klassen erhalten Lernhilfe, um ihre Chancen auf den Besuch einer höheren Sekundarstufe zu verbessern. Im Zuge dreier Treffen, die von den Schulen veranstaltet werden, werden Für und Wider der verschiedenen Schultypen der Sekundarstufe erklärt.
Das Programm bietet Hilfestellung beim Überstehen des ersten kritischen Jahrs der Sekundarstufe. Dieses bedeutet für gewöhnlich die größte Herausforderung, da es sich hierbei um eine Übergangsphase handelt, in der es vom bei den Schüler* Innen vorhandenen Maß an sozialen und lerntechnischen Fähigkeiten abhängt, wie gut sie mit der Anpassung an die neue Situation zurechtkommen. Die neue Schule, neue Klassenkamerad*Innen, eine Flut an neuen Informationen und ein schwieriger Lehrplan sind einige der Schwierigkeiten, die alle Schüler*Innen zu bewältigen haben. Im Rahmen von Gendalos werden während dieses ersten Jahres der Sekundarstufe schwerpunktmäßig soziale Kompetenzen geschult und Lerntechniken vermittelt.
Gendalos verfügt über einen Fonds, mit dessen Mitteln die Schüler*Innen und Studierenden beim Kauf von Lernmaterialien, Bus- und Zugfahrkarten und der Finanzierung von Weiterbildungskursen unterstützt werden. Zudem erhalten sie Unterstützung beim Stellen von Anträgen auf weitere Zuschüsse und Stipendien.
Durch Mund-zu-Mund-Propaganda innerhalb der Gemeinschaft der Roma hat Gendalos inzwischen einen großen Bekanntheitsgrad erreicht. Gegenwärtig findet die Werbung hauptsächlich über die sozialen Medien (Facebook) und das Internet (gendalos.cz) statt. Außerdem veranstaltet IQ Roma Konferenzen und Präsentationen in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen, wie z.B. Regierungsorganen und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung. Im Zusammenhang mit diesen Veranstaltungen wird auch Fundraising betrieben.
Grundlage des Programms bildet die ganzheitliche Zusammenarbeit mit motivierten Schüler*Innen und Studierenden aus der Gruppe der Roma, zu der auch die Eltern und Schulen hinzugezogen werden. Das Programm lässt sich überall auf der Welt umsetzen. Mit motivierten Schüler*Innen und Studierenden zusammen zu arbeiten, ist sehr sinnstiftend, da diese bereits über eigene Lebensvisionen verfügen und wir in diesem Prozess lediglich eine unterstützende Rolle spielen.
Durch die Unterstützung im Rahmen von Gendalos erhalten der Ethnie der Roma zugehörige Schüler*Innen und Studierende im Alter von 13 bis 26 Jahren bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
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